Begrüssungsritual
Überraschend waren bei den Andamanern auch die Begrüssungs-zeremonien: Es gab keine speziellen Wörter für gewöhnliche Begrüssungen wie "guten Tag" oder "wie geht es Dir?" Wenn sich zwei Andamaner, die sich seit einiger Zeit nicht mehr gesehen hatten, begrüssten, starrten sie sich erstmals gegenseitig während einigen Minuten wortlos an. Dieses anfängliche schweigsame Anstarren konnte jeweils so lange dauern, dass einige aussenstehende Beobachter zum Schluss kamen, die Andamaner hätten keine Sprache. Der Stillstand wurde aufgehoben, wenn der jüngere von beiden irgendeine Bemerkung fallen liess. Dies öffnete das Tor für einen intensiven Austausch von Klatsch und Neuigkeiten. Wenn beide verwandt waren, sass der Ältere nieder und nahm den Jüngeren auf den Schoss. Dann würden die beiden zusammenkuscheln und ausgiebig weinen. Wenn sie sich seit längerer Zeit nicht mehr gesehen hatten, konnte das Heulen während Stunden andauern. Nachdem dieses fertig war, begann das Tanzen.
The peculiar Onge greeting ceremony, beside its ritual significance, was the expression of a sudden overwhelming feeling of affection. The ceremony itself had the function of affirming and strengthening the social bond of friendship between individuals and groups.
Musik und Tanz
Auf der einfachsten Ebene war das Tanzen auf den Andamanen ein spontaner individueller Ausdruck von Freude und Glücksgefühl. Eine Sentinelfrau wurde im Jahre 1987 von weitem beobachtet, als sie in einem Freudentanz ausbrach und ihre Hände auf ihre Schenkel klopfte, in einer Art, die auch von den Jarawas bekannt ist. Sie hatte gerade Geschenke entgegen genommen, die ein Team von indischen Anthropologen für ihre Stammesangehörigen liegen gelassen hatte. Filme, die über die Jarawas bei ähnlichen Expeditionen gedreht wurden, zeigen ebenfalls Frauen und Mädchen bei spontanen Tänzen und beim Versuch, weniger geschickte Besucher von Auswärts dazu zu animieren, es Ihnen nachzumachen.
Ein von Musik begleiteter Tanz fand nach dem Abendessen statt und belebte manchen flauen traditionellen andamanesischen Abend. Nach dem Abendessen und vor dem Zubettgehen fand die Unterhaltung in Form von Geschichteerzählen, Spielen oder Tänzen statt. Wurde Tanz und Gesang von der Mehrheit ausgewählt – was meistens der Fall war – wurde das Klangbrett hervorgeholt. Die Frauen stellten sich in einer Reihe auf um den Chor zu bilden und ein männlicher Solosänger wurde erkoren. Die meist gut gebauten Männer würden dann die nächsten Stunden damit verbringen, nach der Musik dieses improvisierten Orchesters zu tanzen. Ein wenig formaler, aber immer noch spontan und ohne Körperbemalung, waren die Tänze, die nach einer erfolgreichen Jagd ausgeführt wurden. Noch formaler und mit religiösem Unterton waren Tänze, welche für Besucher dargeboten wurden, für die Genesung eines kranken Stammesmitglieds, einer Heirat, dem Ende einer Trauerperiode, der Feier eines Friedenspaktes, bis hin zu Gesängen und Tänzen im Zusammenhang mit Initiationsriten. In diesen Fällen gab es gewisse Regeln in Bezug auf Kleidung und Körperbemalung. Abgesehen von den Muschelornamenten, die bei jeder Bewegung der Tanzenden rasselten, gab es nur ein Musikinstrument: das Klangbrett. Es wurde auf dem Boden ausgelegt, wobei der Hauptsänger den Rhythmus durch Fuss- oder Fersenstösse angab. Der Effekt ähnelte demjenigen einer grossen Trommel. Der Sänger und Trommler war normalerweise auch der Komponist des Liedes, da es niemandem erlaubt war, das Stück eines noch lebenden Komponisten zu spielen. Die einzige andere Schallquelle war die menschliche Stimme. Der Gesang selber war einfach und im Einklang; Ausarbeitungen wie Polyphonie waren gänzlich unbekannt. Solosänger machten manchmal Gebrauch der Falsettstimme, Atemtechniken waren nicht gebräuchlich: ein Sänger, der aus der Puste kam, würde einfach pausieren, wenn nötig mitten in einem Wort, und später weitermachen. Andamanisches Singen war in höchstem Masse monoton und repetitiv, vermochte aber die Freude, die es den Beteiligten bescherte, kaum zu beeinträchtigen. Beliebt waren inhaltlich die neuesten Abenteuer einzelner Individuen oder ganzer Gruppen. Themen wie Schweine- oder Schildkrötenjagd waren Evergreens. Das grösste Gesellschaftsereignis in der traditionellen Gemeinschaft war jedoch der Jeg, eine grosse Versammlung von benachbarten Gruppen. Ein guter Jeg mit neuen und erfolgreichen Liedern verhalf der Gastgebergruppe und deren Oberhaupt zu hohem Ansehen. Grosse Bemühungen wurden im Komponieren von speziellen Liedern und besonders in der Hauptprobe mit dem weiblichen Chorus und den männlichen Tänzern investiert. Ein wirklich erfolgreicher Jeg blieb den Beteiligten lange in Erinnerung.