Zu welchem Preis Rohstoffe gehandelt werden, bestimmen zum grossen Teil die internationalen Finanzmärkte. Diese kennen im Grunde genommen nur ein Gebot: aus Geld Geld zu machen, viel Geld, soviel Geld wie möglich. Das weltweite Finanzgeschehen gleicht einer riesigen Geldmaschinerie, einem planetarischen Casino, in dem gekauft, verkauft und spekuliert wird. Wie viel der Bauer in Nicaragua für einen Kilo Kaffeebohnen erhält, wird an den Börsen von New York, Tokio oder Zürich entschieden. Ob ein Betrieb aufgekauft, fusioniert, ausgenommen und die Belegschaft auf die Strasse gestellt wird, bestimmen Finanzgesellschaften - vielleicht gerade diejenigen, die den Auftrag haben, für unsere eigenen Pensionskassengelder die geforderte Rendite zu erzielen. Die Finanzwelt kennt kein Pardon: dem Erfolgreichen wird gegeben, dem Erfolglosen genommen, wobei dazu nicht einmal eine schlechte Jahresbilanz erforderlich ist; schon nur ein Gerücht, dass eine Firma ein schlechtes Ergebnis vorlegen wird, genügt, um ihr das Vertrauen der Anleger zu entziehen. Volkswirtschaften ganzer Länder werden auf diese Weise emporgehoben oder in den Abgrund gerissen. Sobald ein Land in die globalen Märkte eingebunden ist, gibt es kein Entrinnen mehr. So werden die armen Länder des Südens gezwungen, den reichen Ländern des Nordens die eigenen Ressourcen für die Schuldentilgung zur Verfügung zu stellen. Schulden, die notabene dadurch enstanden sind, dass Finanzinstitute in den achtziger Jahren etlichen Diktatoren Anleihen in den Rachen geschoben haben, damit sie ihren aufwändigen Lebensstil frönen und die extravaganten Rüstungsausgaben tätigen konnten. Dies hat heute zur Folge, dass sich beispielsweise einzelne Länder gezwungen sehen, Soja für die Fleischproduktion des Nordens anzubauen, anstatt Lebensmittel für die eigene hungernde Bevölkerung. Im Gesamten fliessen derzeit doppelt soviele Gelder vom Süden nach Norden als umgekehrt. Die reichen 20% der Erdbevölkerung konsumieren 80% der weltweit produzierten Güter. Mit anderen Worten: Der hohe Lebensstandard der nördlichen Halbkugel - und somit auch der Schweiz - wird durch die 80% der ärmsten Weltbevölkerung in vielfältiger Weise subventioniert. Der Preis ist die erschreckende Zahl von 850 Millionen Menschen, die an Hunger leiden, Tendenz steigend. Den Preis zahlen die chinesischen Arbeiterinnen in den "sweat-shops" (Ausbeuterbetrieben) die unter inhumanen Arbeitsbedingungen all unsere bunten Konsumgüter produzieren, von den Barbie-Puppen, über Sonnenschirme bis zu Feuerwerkskörper für den Nationalfeiertag. Dieser ausbeuterische und zerstörerische Zyklus der Güterproduktion wird auf der Webseite "Story of Stuff" von Annie Leonard perfekt veranschaulicht. Die Ausgaben der Ersten Welt für Kosmetika und Hundefutter würden schon mehr als genügen, um das Elend dieser Welt zu verbannen, ebenso ein Zehntel der weltweiten Rüstungsausgaben.
Die Umverteilung des Reichtums findet nicht nur zwischen den Ländern statt, sondern auch innerhalb der Länder. Gemäss einer Studie der Weltbank aus dem Jahre 2005 ist die Schweiz das reichste Land der Welt. Sie verfügt über herausragende Kompetenzen im Finanzmanagement, die wichtigste Ressource des Landes. Sie verwaltet ein Drittel der auswärts auf dem ganzen Globus angelegten Privatvermögen, eine Geldmenge von sage und schreibe 5 Billionen Franken! Obwohl der Reichtum in der Schweiz wie in fast keinem anderen Land ungleich verteilt ist (10% der Bevölkerung besitzen 70% des Vermögens), sind die Wohlhabenden so reich, dass die paar Krümel, die dabei für den Mittelstand abfallen, immer noch genügen, um diese einigermassen bei der Stange zu halten. Ein Eigenheim anzustreben dürfte für viele Mittelständler wohl das höchste der Gefühle sein. Die Unterschicht, die Arbeitslosen, Kranken, Sozialhilfebezüger und IV-RentnerInnen interessieren politisch praktisch niemanden. Sie gehen oft nicht wählen, haben keine Lobby, keine Stimme, kein Gesicht. In der Öffentlichkeit treten sie lediglich in Erscheinung, wenn es darum geht, ihnen die explodierenden Kosten des Sozialstaates anzulasten, mit den damit einhergehenden negativen Folgen für das Wirtschaftswachstum.