Wissen und Unwissen 2
DIE GROSSEN ENTDECKUNGEN DES LETZTEN JAHRHUNDERTS
In den letzten Jahrzehnten haben sämtliche Wissensgebiete enorme Fortschritte erzielt. Die Grundbausteine des physikalischen Universums, die Atome, wurden anfangs des 20sten Jahrhunderts entdeckt. In der Natur kommen 80 verschiedene stabile Elemente vor. Ihre Verbindungen ergeben die Vielfalt der belebten und unbelebten Materie. Jedem Atom wird eine bestimmte Anzahl von Protonen, Neutronen und Elektronen zugeschrieben. Weitere Forschungen der Nuklearphysik ergaben, dass die Kernbestandteile selber aus noch ursprünglichere Teilchen zusammengesetzt sind. Zudem wurden noch zahlreiche weitere Elementarteilchen entdeckt, so dass es die Physiker mit einem regelrechten Teilchenzoo zu tun hatten. Gegen Ende des letzten Jahrhunderts hat sich In der Physik das Standardmodell, welches die Elementarteilchen und ihre Wechselwirkungen beschreibt, durchgesetzt. Der Ursprung des physikalischen Universums wird auf den Urknall vor 13,7 Ma Jahren zurückgeführt. Zeuge dieses Ereignisses ist die sogenannte Hintergrundstrahlung, die heute noch beobachtet werden kann. Seit dieser Explosion kühlt sich das Universum stetig ab und dehnt sich gleichzeitig aus. Der ganze Prozess der Entstehung von Galaxien, Sternen und Planeten ist heute recht gut bekannt. Zahlreiche neue Objekte, wie Quasare, Pulsare, Schwarze Löcher wurden in den weiten Fernen des Universums entdeckt.
Sterne werden in galaktischen Gas- und Staubwolken geboren. Ihre Bestandteile - hauptsächlich Wasserstoff und Helium - wurden bereits während dem Urknall erzeugt. Die Lebensdauer von Sternen kann variieren und hängt von ihrer Masse ab. Massenreiche Sterne fallen nach Verbrauch ihres Nuklearinventars in sich zusammen, wobei die äusseren Schichten durch eine gewaltige Explosion in den interstellaren Raum ausgestossen werden. Kleinere Sterne blähen sich gegen Lebensende zu Roten Riesen auf. Auch hier wird Materie ins All weggeschleudert. Diese Prozesse sind Gegenstand von nuklearen und chemischen Reaktionen: Hier wird nicht nur das ganze Spektrum der Atome fabriziert, es entstehen auch Mineralien, Oxyde, Kohlenstoffverbindungen, Gase und Wasser. In der Galaxis bilden Ansammlungen aus Gasen und Staubteilchen riesige Molekularwolken, aus denen später neue Sterne und Planetensysteme entstehen. Alles, was wir heute auf der Erde beobachten können, war einst Sternenstaub, inklusive der Mensch selber. Kontrovers ist zurzeit noch die Theorie, ob die komplexeren organischen Moleküle wie Zucker, Proteine, Aminosäuren auf der primitiven Erde entstanden sind, oder ob sie aus den fernen Weiten des Sonnensystems durch Asteroiden und Kometen auf die Erde verfrachtet wurden. Denn organische Moleküle können überall im Weltraum nachgewiesen werden. In den vorgängig erwähnten Gas- und Staubwolken finden bei extrem tiefen Temperaturen und unter Einwirkung von Ultraviolettstrahlung spezielle chemische Reaktionen statt. Es ist eine Chemie der Langsamkeit und der Ewigkeit in einem Raum der Leere. Denn obwohl von „Wolken“ die Rede ist, handelt es sich um Gebiete von äusserst geringer Dichte. Auch das perfekteste auf der Erde erzeugte Vakuum kann diese Dichte nicht erreichen. Über hunderte von Millionen Jahren interagieren hier winzige interstellare Staubkörner mit Gasmolekülen und kosmischer Strahlung. Was dabei herauskommt sind die chemischen Grundbausteine der lebenden Organismen…
Im Jahre 1909 machte der Paläontologe Charles Walcott in den kanadischen Burgess-Schiefern einen fantastischen Fund: Fossilien aus einer Zeit vor 500 Mio. Jahren zeugten von einer regelrechten Explosion des mehrzelligen Lebens. Während einer geologisch relativ kurzen Zeit wurden sämtliche Baupläne der tierischen Organismen erschaffen. Die heutige Fauna umfasst noch etwa 35 Stämme, also Gruppen von Organismen mit ähnlichem Bauplan. Ein Seestern hat z. B. einen anderen Bauplan als ein Gliederfüsser oder eine Schnecke. Der Mensch gehört, zusammen mit den Fischen, den Reptilien und den Säugetieren dem Stamm der Chordatiere an. Alle uns geläufigen Tiere können einigen wenigen Stämmen zugeordnet werden. Der Grossteil der restlichen Tierstämme besteht aus wurmartigen Meeresorganismen, die in den Sedimenten flacher Küstengewässer leben. Während die Mehrzeller sich durch eine ausserordentliche Formenvielfalt auszeichnen, fand man bei den Einzellern ungeahnte Möglichkeiten des Stoffwechsels. Es wurden Bakterien in den unwirtlichsten Gegenden der Erde entdeckt, etwa in Sedimenten tief im Erdinneren, in salz- und säurehaltigen Lösungen, in siedend heissen Quellen. Bakterien können praktisch jedes Gift verdauen, sich von Eisen ernähren oder tödliche radioaktive Strahlungen überleben.
Die spiralförmige DNS-Moleküle, Trägerin der Erbinformation, wurde 1953 entdeckt und eröffnete das neue Wissensfeld der Genetik. Mittlerweile wurde das Genom zahlreicher Organismen entschlüsselt. Die Theorie der Plattentektonik revolutionierte die Geologie, indem sie eine einfache Erklärung für die bis dann unbekannten Ursachen der Gebirgs- und Inselkettenbildung, der Erdbeben, und des Vulkanismus lieferte. Neue Menschenarten wurden entdeckt, wie kürzlich die Zwergmenschen von Flores.