ALTERNATIVE GESELLSCHAFTSENTWÜRFE:

Spanien 1936 - 1939 (8)

Die tragische Woche im Mai 1937


Vom 2. bis zum 7. Mai eskalierten die Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten auf der einen Seite und der CNT / FAI und der POUM auf der anderen Seite in Strassenkämpfen in Barcelona. Auslöser war die versuchte Besetzung der seit den Juli -Tagen 1936 unter gemeinsamer Kontrolle der CNT und UGT stehenden Telefonzentrale seitens kommunistischer Polizeitruppen. Auf diese Provokation hin fanden in der gesamten Stadt Streiks statt, die Massen hielten zur CNT und der POUM. Während die Kommunisten darauf Truppen von der Front abzogen, um in Barcelona einzugreifen, weigerte sich die CNT-Führung unter Verweis auf die antifaschistische Einheitsfront ihrerseits Truppen nach Barcelona abzuordnen. Die CNT-Minister Federica Montseny und Garcia Oliver setzten auf Verhandlungen mit den Kommunisten anstatt die fortwährenden Provokationen angemessen zu beantworten - nämlich mit der entschlossenen Bekämpfung der konterrevolutionären Stalinisten.Hans-Magnus Enzensberger bilanziert das Ergebnis der Verhandlungen treffend: "Damit war dem spanischen Anarchismus das Rückgrat gebrochen; die CNT führte fortan nur noch ein Schattendasein und sah ohnmächtig zu, wie die Reste der spanischen Revolution liquidiert wurden." In der Folgezeit wurden FAI und POUM verboten, die Führer und militanten Mitglieder entweder verhaftet oder ermordet, die Kollektive von den Truppen des kommunistischen Generals Lister zerstört und jegliche Hoffnung auf einen zweiten Weg zum Sozialismus als den autoritär-terroristischen vernichtet.


Nachdem die Euphorie des Volkes - die tragende Kraft der Spanischen Revolution und der Erfolge im Kampf - gebrochen war, war es nur eine Frage der Zeit bis Franco siegen würde. Von den nicht-faschistischen europäischen Staaten im Stich gelassen und jeglicher Euphorie beraubt fiel Stadt für Stadt, Dorf für Dorf in die Hände der franqoistischen Truppen. Am 26. Januar 1939 fiel Barcelona, und auch das "Rote Madrid" hielt nicht stand und musste am 28. März 1939 bedingungslos kapitulieren. Bis zu diesem Zeitpunkt war zwar noch ein Viertel Spaniens nicht von den Nationalisten besetzt und es wurde auch weiterhin Widerstand geleistet, jedoch konnte Franco nicht mehr ernsthaft gefährdet werden. Am 20. Mai 1939 fanden die Siegesparaden der Franco-Truppen statt. Franco regierte Spanien diktatorisch bis zu seinem Tod 1975. Unmittelbar nach dem Krieg wurden in ganz Spanien politische Gegner verfolgt, in Konzentrationslagern gefangen gehalten und ermordet (vorsichtige Schätzungen gehen von 80.000 Todesurteilen und von zwei Millionen inhaftierten Spaniern aus). Die CNT / FAI erholte sich von diesen Verfolgungen bis heute nicht, nach dem Ende der Diktatur wurde sie zwar wieder ins Leben gerufen, ist aber über den Status einer kleinen Minderheit in der spanischen Arbeiterschaft nicht herausgekommen.


Fazit


Die Spanische Revolution stellt den Versuch dar, ein Gesellschaftsmodell zu verwirklichen, das auf Gerechtigkeit und Menschlichkeit beruht. Spekulationen sind müssig, alle Fragen "aber was wäre gewesen, wenn die Revolution von Dauer gewesen wäre, wäre sie dann nicht genauso entartet wie die Russische Revolution etc." sind nicht zu beantworten. Wir können nur sehen, wie die Menschen ihr Schicksal in die eigene Hand nahmen, wie sie die Kunst beherrschten, weder vor der erdrückenden Macht der Anderen noch vor ihrer eigenen Ohnmacht zu kapitulieren, und welche Formen des gesellschaftlichen Zusammenlebens sie praktizierten. Sicher waren die Kollektive nicht perfekt, und sicher ist der Anarcho - Syndikalismus kein ausgeklügeltes Patentrezept. Die Menschen, die damals für eine gerechte Gesellschaft kämpften, haben nicht über ihre Chancen nachgedacht. Sie fanden es an der Zeit, ein System institutionalisierten Unrechts zu zerschlagen und notfalls auf Trümmern eine neue Gesellschaft aufzubauen.

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